• "Versäumt nicht, zu üben die Kräfte des Guten."

    aus dem Gedicht "Symbolum" von
    Johann Wolfgang von Goethe (Freimaurer, Loge Anna Amalia, Weimar)

Freiheit

ZEICHNUNG ZUR NEUJAHRSBEGRÜSSUNG
9. Januar 2003

FREIHEIT

Diese Zeichnung sei dem Thema "FREIHEIT", dem Studienthema der Grossloge für den Monat Februar gewidmet. Wir wollen uns zum Jahresbeginn Gedanken machen über den Begriff Freiheit und was der Freimaurer in der heutigen Zeit darunter versteht. Der Arbeit möchte ich die Einleitung von Br. G. zu seiner Arbeit "Frei sein heisst, seiner selbst mächtig sein" aus der Zeitschrift "ELEUSIS" voranstellen.       

"Freiheit einer der faszinierendsten Begriffe des europäischen Geisteslebens. Er hat die grössten Denker der Menschheit beschäftigt, hat Zeitepochen geprägt, Kriege ausgelöst und Geschichte geschrieben. In ihm drückt sich die Sehnsucht nach geistiger und physischer Unabhängigkeit, nach Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit, nach personaler Autonomie und Selbstbestimmung aus. Sich ungehindert zu entfalten und ohne inneren und äusseren Zwang über sich selbst verfügen zu können. Das war, unabhängig von gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten, schon immer eine faszinierende Vision menschlichen Daseins."

Eigentlich wäre damit, wenn nicht alles, doch schon vieles gesagt. Doch der Begriff Freiheit oder was zu den verschiedenen Zeiten der Menschheitsgeschichte darunter verstanden wurde wandelt sich stetig.

Freiheit zu Zeiten Homers: Unter Freiheit verstand man den Stand der Freien im Gegensatz zum Sklaven. Darüber hinaus wurde das "Freisein" vor allem als die Gegebenheit eines Staates oder einer Gesellschaft im Verhältnis zu den sie bedrohenden Feinden und Tyrannen verstanden. So war der Begriff der "Freiheit" bereits im 5. Jahrhundert vor Christus eine der wichtigsten Parolen der Griechen im sogenannten Perserkrieg. Dieses Freiheitsverständnis hat sich bis in die Neuzeit nicht verändert, denken wir nur an unsere Altvorderen die sich von der Knechtschaft fremder Völker ihre Freiheit erkämpften. Doch auch heute noch gibt es viele Völker und Gemeinschaften, die sich ihre Freiheit noch erkämpfen müssen. Für Platon ist die Vernunft die entscheidende Voraussetzung für Freiheit. Er verstand aber die persönliche Freiheit immer als Unterordnung unter die Interessen des Ganzen. Rousseau mit seinem "Gesellschaftsvertrag" ist der Auffassung, dass auf der Basis eines solchen Vertrages die gesetzgebende Gewalt bei der Gesamtheit des Volkes liegen muss. Er schreibt: "Gehorsam gegen das selbstgesetzte Gesetz ist Freiheit". Für Martin Luther ist Freiheit ohne Bindung nicht denkbar: "Innerlich sei der Mensch frei, aber in seiner irdischen Existenz sei ihm sittliches Handeln aufgetragen." Zur Zeit der französischen Revolution wurde der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit durch die Lande getragen, ja durch ganz Europa und den damaligen Kolonien und weckte diesen Wunsch in der ganzen zivilisierten Menschheit. Es ging darum, frei von Tyrannen und absoluten Fürsten zu sein, auch von unterdrückenden Lehnherren und von kirchlichem Zwang, es ging um die Gleichheit der einfachen Bauern und Arbeiter gegenüber den bevorrechteten Ständen und um eine Bruderschaft aller Menschen auf diesem Erdenrund. Aus dem vorgesagten ist zu entnehmen dass sich der Begriff "Freiheit" über den Zeitraum der bekannten Menschheitsgeschichte gewandelt hat im Gleichschritt mit deren geistigen Entwicklung. Von dem einfachen Gegensatz zwischen "Freiem Menschen zum Sklaven" bis zum heutigen Verständnis der "Freiheit". Schon der geringsten Einschränkung in unserer physischen und psychischen Freiheit wird erstmals mit Abwehr begegnet. Wobei wir vorerst nicht bedenken, dass die von uns begehrte Freiheit des Öfteren nur mit der Unfreiheit eines anderen Erdengeschöpfes errungen werden kann. Die Erfüllung des Begriffes "Freiheit" ist daher sehr komplex und nicht einfach zu erreichen. Nur mit äusserster Toleranz kann dieses Ziel erreicht werden. Unter Toleranz ist jedoch nicht charakterlose Schwäche und Kompromissbereitschaft gegenüber jedem rücksichtslos auftretenden Machtanspruch zu verstehen, sondern brüderliche Duldsamkeit und sittlich positiver Ansicht, auch da, wo wir sie für uns nicht anerkennen könnten. Toleranz ist beim Freimaurer die Erkenntnis, dass kein Mensch die absolute Wahrheit besitzt.

Wie hat sich das Verständnis für den Begriff Freiheit in der Freimaurerei verändert? Die Antwort darauf will ich versuchen im Nachfolgenden zu geben: Schon in den operativen Bauhütten, den Dombauhütten, bestand die Bedingung dass der aufzunehmende Lehrling ein freier Mann sein muss. Dies wurde durch James Anderson in seinem Konstitutionenbuch übernommen, das er im Auftrag des ersten Grossmeisters der 1723 gegründeten englischen Grossloge geschrieben hat. Die ältesten bekannten "Alten Konstitutionen" sind das "Halliwell Manuscript" von 1390 und das "Cook Manuscript" von ca. 1410. In den alten Pflichten heisst es, dass der Aufzunehmende: "Ein freier Mann von gutem Ruf und edlem Streben" sein solle. Ein freier Mann bedeutete dannzumal noch, dass der Aufzunehmende kein Leibeigener oder Sklave sein durfte. Diese Auflage bestand aber schon bei den operativen Bauhütten, den Dombauhütten im 14. und 15. Jahrhundert.  Wie vorstehend zu erfahren war. Schon im Namen "Freemasons" erscheint der Begriff "Free", frei, die Nachforschungen über die Herkunft des Namens "Freemason" zeigen auf, dass der Name eine Zusammenziehung des Wortes "freestone mason" sein muss. "Freestone" war ein feiner Kalkstein wie er in der Normandie, in Dorchester und im Süden Portugals gefunden wurde. Es bedurfte besondere Fähigkeiten diesen harten Kalkstein zu bearbeiten. Nur die besten Werkleute waren in der Lage, den "Freestone" seinem Wert gemäss zu nutzen. Natürlich hat der Begriff "Freiheit" Wandlungen und Interpretationen erfahren, auch der Begriff "Ein freier Mann" in der Freimaurerei. Die Bedingungen und Umstände sowie die geistigen und sozialen und gesellschaftlichen Strukturen der jeweiligen Zeit haben den Begriff der Freiheit und die mit ihm verbundenen Ueberzeugungen und Hoffnungen schon immer stark geprägt. Zum Beispiel heute, wo er fast durchgängig individualistisch ausgelegt wird. Der Freie Mann muss heute nicht nur kein Leibeigener sein sondern er muss sich frei machen können von allen Zwängen und Abhängigkeiten, und so komme ich noch einmal auf die Worte meiner Neujahrsbegrüssung von letztem Jahr zurück: Wir sollen das Ziel unserer Arbeit und unsere Aufgabe, die uns von der maurerischen Gesinnung aufgegeben ist, nie aus den Augen lassen, um so unseren Mitmenschen dienen zu können:       

  • Selbstbefreiung der Menschheit aus geistiger Abhängigkeit! Wir sollen unsere Kraft dafür einsetzen gegen die despotische Knechtung des Geistes, die das Gewissen und Gedanken in Ketten legt, mit unseren Waffen, der Feder und dem Wort, zu kämpfen. 
  • Ueberwindung des Absolutistischen! Wir werden keine Regierungsform billigen, anerkennen oder unterstützen, deren Despotismus die Menschenrechte missachtet.
  • Verwirklichung ethischer, pädagogischer und humanitärer Forderungen! Unter keinen Umständen sollen wir, um die Interessen einer Klasse zu fördern, noch um eigener Vorteile willens, Verrat am natürlichen und allgemeinen Recht, an dem höchsten Gut des Volkes, an der Freiheit, üben.

Der Begriff der Freiheit für sich genommen besagt, dass der Mensch die Wahl hat, sich für das Gute oder das Schlechte, je nach Massgabe seiner persönlichen Ueberzeugungen zu entscheiden. Sein ethisches Fundament erhält der Begriff Freiheit erst, wenn er auf Mitmenschlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Toleranz begründet ist. Wer die Sinnhaftigkeit seines Lebens nie ergründet und entdeckt hat, wird arm sterben, auch wenn er noch so reich ist. Deshalb müssen wir Suchende bleiben, Suchende nach Gerechtigkeit, nach Nächstenliebe und persönlicher Freiheit, denn nur derjenige, der so gesehen frei ist, ist auch seiner selbst mächtig. Liebe BBr. wir sind also aufgefordert neben der Arbeit an uns selbst uns vermehrt für die Ziele der Freimaurerei im profanen Leben einzusetzen, ich wünsche Euch dazu Kraft, Ausdauer, Geduld und frohen Willen.

9. Januar 2003,Br. J. St., M.v.St.